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Kamary:

Mein Name ist Kamary.


Nein, ich wurde nicht damit geboren - er wurde mir in der Junior High School verliehen. Ist übrigens eine ziemlich interessante Geschichte, fragt mich unbedingt danach, sollten wir uns mal treffen. Ist aber wahrscheinlich das bis dahin jemand vor euch nach der Story fragt, sie veröffentlicht, und das wisst ihr's ja eh schon. Mal seh'n wer schneller ist ....

Ich wurde in Baltimore Maryland als Sohn eines Baptisten Diakon UND der allerbesten Mutter der Welt geboren - als jüngstes Kind von einigen ... aber ich weiß nicht mehr viel von meiner Kindheit. Wir zogen bald nach Vermont, und da beginnen die ersten Erinnerungen: z.B. damals auf dem Parkplatz, als mein Bruder und ich heulend, brüllend und wild um uns tretend sich weigerten in unsere Klasse zu gehen. Mama zwang uns. Mann ! Wir waren neu an der Schule, wir hatten Schiß, wir waren schwarz ... hm, das sind wir immer noch ;-)

Es gab nur wenige Nicht-Weiße im Vermont der 70er Jahre. Ich wurde alle Nase lang verprügelt. Wenigstens waren es dieselben Jungs, das war cool. So verstand ich, das es keine rassistische Gesellschaft war - nur ein paar faule Äpfel darunter. Hat ein paar Jahre gedauert bis ich das auch akzeptieren konnte, und glücklicherweise kam dabei niemand zu Schaden.

Zu dieser Zeit begann ich auch diese Stimmen zu vernehmen: "Töte, töte, tö..." (Quatsch, kleiner Scherz). Diese Stimmen waren melodisch - ich hatte begonnen, im Kopf Musik zu machen. Aber ich tat etwas zu dem viele Menschen in dieser Gesellschaft gezwungen sind: ich habe diese Stimmen verdrängt ! Über das Thema könnte ich mich jetzt auslassen ... aber nein.

Ich unterdrückte diesen symphonischen Superstau im Hirn, schlängelte mich stattdessen durch die Junior- und High School mit lauter Einsen. Der Klassenprimus - meine erste Begegnung mit dem Berühmtsein. Ich hasste fast jede Minute davon, denn ich lernte zu manipulieren, zu benutzen, zu heucheln - ich wäre ein fantastischer Politiker geworden, und das im Alter von 10 Jahren.

Meine erste Gitarre bekam ich von einem Typ namens Grant Daily. Er lebte in meiner Nachbarschaft. Ich konnte nicht spielen, aber der bloße Besitz der Gitarre fühlte sich cool an. 1983 zogen wir in eine neue Stadt, ich ging an eine neue Highschool und dort verfing ich mich in einer schrecklichen Lüge. Umgeben von Sportfreaks und Cheerleadern (weder noch mein Ding!) kreierte ich meine Identität als Musiker: schließlich hatte ich ja eine Gitarre, oder ?

Jedenfalls Mike, einer der coolen superschlauen Sportlertypen, spielte Bass und hatte einen Drummer der einen Keyboarder kannte. Eines Tages, ich stand gerade an meinem Schließfach im Schulflur, verkündete Mike lautstark vor allen (wichtigen!) Anwesenden, er habe seinen neuen Leadgitarristen (mich!) gefunden, und das wir auf dem nächsten Schulball spielen. Ich traute meinen Ohren nicht ... jetzt war ich in der Zwickmühle!

Von einem auf den anderen Tag war ich plötzlich total angesagt! Ich fühlte mich wie in einem schlechten John-Waters-Film, darauf wartend das Molly Ringwald endlich kommt und mich rettet. Sie hat es nie getan. Stattdessen fand ich mich im Football-Team wieder (ich habe genau einen Touchdown gemacht!), und lernte Gitarre spielen - und das alles innerhalb weniger Monate. Das Konzert auf dem Schulball lief wie am Schnürchen. Bestimmt waren wir richtig schlecht - ich meine musikalisch - aber, Mann, dafür waren wir echt cool! Wir nannten uns ‚Legacy'. Ein paar Jahre und miese Combos später schloß ich meine Schulkarriere mit Business-Management- und Grundschul-Lehramts-Studium erfolgreich ab.

Meine Identitäts-Frage, schon während der Schulzeit falsch beantwortet, stellte sich häufiger mit zunehmendem Alter. Stoisch ignorierte ich weiter die Melodien in meiner Birne und damit die deutliche Mitteilung meines Unterbewusstseins: "Dummkopf, hör' endlich zu, Du Idiot, Du bist dazu geboren Musik zu machen !!!" Hab' ich zugehört? Nicht wirklich. Ich experimentierte hier und da herum - aber nie mit Überzeugung. Irgendwas war immer im Weg - z.B. ein Job - sicherer im Vergleich zum Musikerdasein.

Also wechselte ich sechs mal die Karriere: war Lehrer, besaß einen Plattenladen, wagte mich als Erfinder ... um nur ein paar der Jobs zu nennen. Manchmal hatte ich gutes Geld, Mädels, tolle Klamotten und das Leben war trotzdem irgendwie Scheiße. Ich verneinte einen wichtigen Teil von mir.

Das ist ein bisschen so wie wenn man genau weiß, das man dringend pinkeln muss. Doch anstatt sofort zu gehen, wartet man bis es nicht mehr auszuhalten ist. Warum machen wir so was ? Stehen wir in diesen Momenten einfach völlig neben uns, oder reden wir uns ein, das wir am besten wissen, was für uns gut ist, oder wie?!

Egal, zurück zum Thema und zum Vergleich: Manchmal findet man nicht gleich einen Platz zum Pinkeln, und so wird der unangenehme Zustand auch noch von Streß, Panik, Angst und ähnlichen Gefühlen begleitet. Wenn man es dann endlich irgendwie geschafft hat (hoffentlich nicht gezwungen war sich einzunässen), dann ist dieses Gefühl unglaublich erlösend - ungefähr wie ein gigantischer Orgasmus !!

GENAUSO war mein Leben bislang: ich wusste immer das ich pinkeln ... äh, ich meine natürlich MUSIK machen musste. All dieses Sinnlose im Kreis laufen - mit zusammengeklemmten Beinen - hat im übertragenen Sinne zu einem Riesenstau an klingenden Körperflüssigkeiten geführt !!! Und eines ist sicher: es hört und fühlt sich SO GUT an. Die Musik, meine ich. Ihr wisst schon ....


KAMARY über KAMARY, im März 2001
(deutsch: stephanie pott, mad music management gmbh)

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